Disziplin war immer wichtig – und Respekt
Nach zwölf Jahren als Schulleiter an der Lehmhorster Straße wechselt Günther Vogel in den Ruhestand
er kann am Ende des Berufslebens schon von sich sagen, dass das im Grunde alles ein großes Glück gewesen ist? Günther Vogel jedenfalls hängt mit Leib und Seele an seinem Beruf – und muss jetzt doch loslassen. Am 23. Juni, dem letzten Tag vor den Sommerferien, geht der Leiter des Schulzentrums an der Lehmhorster Straße in den Ruhestand.
So lange ist das noch nicht her, dass Vogel einer neuen Beamtin von der Schulaufsicht ins Stammbuch schrieb: „Bitte bespielen Sie mich nicht!“ Der Schulleiter von der Lehmhorster Straße mag es nicht, wenn die Behörde seinen Beritt mit Dingen behelligt, die nicht umsetzbar sind. Er hat eine Menge Erfahrungen gesammelt, seit er in den Schuldienst eingetreten ist. Damals, am 1. Feb 1972, wurde die Schule an der Regensburger Straße in Finndorf zu seiner ersten Station: Es folgen weitere. Oslebshauser Heerstraße, Julius-Brecht-Allee. Abitur hat er an der Versuchsschule an der Helgolander Straße gemacht – der Mann kennt das bremische Schulwesen aus dem Effeff. Sngereichert hat er seine Erfahrungen mit einem vierjährigen Aufenthalt in Mexico.
Der Lehrer als Moderator
Seine Bilanz: „Wir müssen uns von dem Humboldschen Bildungsideal verabschieden. Wir müssen aus der Schule rausgehen, ins Leben. Und wir müssen andere in die Schule holen.“ Vereine zum Beispiel. Projekte machen, das hat mächtig Platz eingenommen, an der Lehmhorster Straße. Dann ist Vogel, der die meisten seiner Schützlinge mit Namen kennt, auch schon mal mit zum Rathaus gefahren, um zusammen mit den Schülerinnen und den Schülern einen Preis abzuholen. „Unsere Schachspieler gehören zu den Besten!“ Der Lehrer Der Lehrer, das hat der 63-Jährige gelernt, muss weniger den Vortragenden geben. Vielmehr sei er als Moderator gefragt, als Initiator. Und als Vorbild. „Das ist altmodisch, aber gleichzeitig auch modern.“
Altmodisch und modern zugleich ist auch Günther Vogels Faible für Werte wie Disziplin und Respekt: An der Lehmhorster Straße ist es üblich, dass die Klasse aufsteht, wenn der Lehrer den Raum betritt. „Ein komischer Brauch“, lästert Vogel, „aber das hat etwas mit Respekt zu tun“. Die Schüler fordern – ein weiteres Ding, das ihm am Herzen liegt. Und wie hat er seine Rolle gegenüber dem Kollegium verstanden? Eins wollte Vogel nie sein: „Der Alte, der alles besser weiß.“ Das Kollegium will gewonnen werden, hat er gelernt, „ich halte nicht viel von dem Prinzip ‚ober sticht unter'“.
Zuletzt ist der Machtbereich von Günther Vogel übrigens ordentlich geschrumpft. Von 1250 Schülern auf 650. Der Geburtenrückgang macht’s möglich. Die Standorte Fresenbergstraße und Pürschweg wurden aufgegeben, zur Einführung der Oberschule zum Schuljahr 2011/2012 hat der scheidende Schulleiter einen Wunsch: „Alles unter ein Dach!“ Was kommt nach der Arbeit? Reisen. Töchter in Australien und Südkorea wollen besucht werden, China und die Antarktis stehen ebenfalls auf dem Programm. Und wie wird er sich fühlen, wenn er seinen Schreibtisch räumt? „Da liegen nicht die wirklich wichtigen Sachen drauf. Die wirklich wichtigen finden sich in der Mensa und in der Konferenz mit den Kollegen. In der Schule geht es immer um Menschen.“